Bei
den SWM (Stadtwerke München) sind seit Mitte März viele
KollegInnen im Home-Office.
Es durfte nur noch eine Person pro Zimmer anwesend sein. Teilweise
waren 60 % unserer Abteilung im Home-Office. Ich wollte es nicht,
mir wäre es zu umständlich mit all den Plänen und Notizen
daheim herumzuwurschteln an einem kleinen Bildschirm, während
ich im Büro 2 große habe. Dazu brauche ich 10 bis 20 mal
am Tag den Scanner/Drucker/Kopierer. Außerdem müssen ja
auch einige die Arbeit der Home-KollegInnen weiterbringen (Angebote
unterschreiben, versenden, annehmen).
Ich
fand diese Zeit jedoch sehr angenehm: S-Bahn und die Tram waren ziemlich
leer und traumhaft pünktlich. Die Kantine hat sehr gut gekocht,
weil man für 100 Leute besser kochen kann, als für 2.000
und das regelmäßige heimradeln war die Bewegung, die viele
Kollegen plötzlich nicht mehr hatten.
Ich
sah auch eine Stadt, wo trotz Ausgangsbeschränkungen alles auf
den Beinen war. Aber korrekt: Keine Gruppen, nur Familien und einzelne
Personen. Die Leute radeln, spazieren, spielen Federball und Tischtennis,
bringen ihren Kindern das Radeln bei oder putzen ihre Autos. Mamas
sitzen vor dem Hauseingang und lesen, während Kinder mit Kreide
die Gehwegplatten bemalen. Unglaublich. An Stellen, wo mir in 20 Jahren
nur 6 Radler entgegen kamen, waren es plötzlich 9 an einem Tag.
Es erinnerte mich an die 70er Jahre, wo wir eigentlich immer alle
draußen waren. Das war richtig schön.
Wenn
man diese Tage in München jetzt erlebt hat, kann man nicht verstehen,
warum Leute gegen die Corona-Bedingungen demonstrieren, während
die restliche Welt wirklich daheim eingesperrt blieb. Deutschland
ist so frei und so gut durch diese Pandemie gekommen, wie kein anderes
Land weltweit.
Der Autoverkehr in München war kaum weniger, die Anzahl der Radfahrer
hat sich verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht. An der Isar braucht
man nicht mehr entlang zu radeln. Hier schafft man es jetzt manchmal
nicht mehr, mit dem Rad bei einer Grünphase über die Ampel
zu kommen, weil zu viele Radler anstehen ... mit Abstand natürlich.
Zwei mal war die rote Ampel noch 100 Meter entfernt, als ich mich
anstellte.
Interessante Zeiten.
Auch fällt mir auf, dass manche KollegInnen, die 1-2 Monate im
Home-Office waren, deutlich verunsicherter sind mit der Corona-Situation,
als wir, die die ganze Zeit da waren, die Entwicklungen in Stadt,
ÖPNV und Unternehmen täglich miterlebt haben.
7.
Juni 2020
Wie lange wird es noch weitergehen?
Das vermag niemand zu sagen. Ein paar meiner Kollegen habe ich jetzt
bald 3 Monate nicht mehr gesehen.
Unsere Abteilung soll eigentlich in 2 Monaten in ein Großraumbüro
(Schwachsinn) umziehen. Seit Ende März sollen eigentlich keine
zwei Leute in einem Zimmer zusammenarbeiten, daher sind ja viele im
Home-Office. ... und jetzt Großraumbüro ???
Schaun mer mal.
Gestern
las ich auf Süddeutsche.de den Artikel "Gipfeltreffen mit
zehn internationalen Virologinnen und Virologen" ... Link
...>>
Da sagte der Virologe Jerome Kim aus Südkorea, der schon ewig
versucht einen Impfstoff gegen AIDS zu entwickeln:
"Der erste Test an einem Corona-Impfstoff
wurde am 17. März durchgeführt, zweieinhalb Monate, nachdem
das Virus beschrieben worden war. Wir sehen Anzeichen dafür,
dass ein Impfstoff relativ einfach zu entwickeln ist. Hoffentlich
werden wir die Antwort innerhalb von 12 bis 18 Monaten kennen. Was
wir aber auch dann nicht wissen: ob der Impfstoff Spätfolgen
haben wird. Und: Können wir acht Milliarden Dosen herstellen,
sodass jeder, der den Impfstoff benötigt, ihn zu vertretbaren
Kosten erhalten kann?
Wer wird ihn zuerst bekommen?"
Das
klingt nach GEDULD HABEN.
Andererseits
denke ich mir, dass man sich nicht mehr so schnell anstecken wird.
Wir haben inzwischen alle Übung im Abstand halten.
Das sich so Hotspots ergeben, wie der Gottesdienst in Frankfurt, das
Restaurant in Ostfriesland und das Familienfest in Göttingen,
werden wir weiterhin erleben.
Keine neuen Infizierten bis jetzt aber unter den Menschenmassen der
hunderten Schlauchbootfahrern auf der Spree oder den vollen Demos
für George Floyd.
... ich denke, es wird nicht mehr so ansteckend sein, weil es nicht
mehr so verbreitet ist.
Meine einfache Rechnung:
185.696 Infizierte haben
wir in Deutschland, am 7. Juni um 10 Uhr
169.158 Personen sind wieder genesen.
8.685
Menschen sind in Deutschland gestorben
185.696 minus 169.158
ergeben 16.538. Zieht man davon die
8.685 Verstorbenen ab, bleiben 7.853
Menschen übrig, die gerade in Deutschland infiziert sind.
Klar, es kommt eine Dunkelziffer hinzu und vielleicht andere virologische
Faktoren, die ich nicht kenne. Aber nehmen wir doch einfach mal nur
die Zahl 7.853.
Bei 83.149.300 Mio. Einwohnern, sind
7.853
überhaupt nicht viel.
Durchschnittlich gibt es also nur einen Infizierten unter
10.588 Personen.
In welchem Zeitraum sind Dir letztmals 10.588 Personen zu nah gekommen?
Natürlich muss man aufpassen, aber ich will damit sagen, dass
solche Geschichten wie in Frankfurt, Ostfriesland und Göttingen
jederzeit auch in einem REWE-Markt in Freiburg, einer Straßenbahn
in Köln oder einem Museum in Schwerin passieren können,
dann nämlich, wenn einer der 7.853
Infizierten anderen Menschen zu nahe kommt. Und dann werden die Medien
wieder darüber berichten.
Aber überlege mal, wie viele andere Stellen in Deutschland täglich
sicher bleiben, weil keiner der 7.853
Infizierten dabei ist.
Und diese Zahl 7.853
wird täglich weniger.
Heute vor einer Woche, am 31. Mai, lag diese Zahl noch bei 9.518
Infizierten.
Also Kopf hoch, wir kommen da durch.
Korrektur
am 8. Juni
Nach Gesprächen mit Kollegen, allesamt keine Virologen, wurde
uns klar, dass die nur noch 7.853
Infizierten ja gemeldete Personen sind.
Personen, die einen Test gemacht haben, und positiv getestet wurden,
werden wir nicht in einem REWE-Markt in Freiburg, einer Straßenbahn
in Köln oder einem Museum in Schwerin finden, sondern sie müssen
daheim bleiben, ob es ihnen gut oder schlecht geht. Also steckt man
sich doch nur durch Personen der Dunkelziffer an.
Aber warum darf man sich in Deutschland nur noch testen lassen, wenn
man Symptome hat? Dann findet man die Corona-Infizierten, denen es
gut geht und die nichts merken doch nie ???
Zum
Abschluss noch mal zum SZ-Artikel, ein paar schöne Zeilen von
der Virologin Ilaria Capua:
"Gestern sah ich da draußen Glühwürmchen.
Kennen Sie die noch? Ich lebe hier seit Jahren und hatte noch nie
eins gesehen. Jetzt kehren sie zurück. Das Gleiche sehen wir
mit Bienen, mit Fischen. Die Natur holt sich ihren Raum zurück.
Und vielleicht kann das uns Menschen wieder ein Stück mehr Identität
geben. Wir befinden uns doch alle in einer Sinnkrise, gerade in Europa."
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